Nachrufe stellen dem Verstorbenen meist ein glorifizierendes Zeugnis aus. Man ist schnell versucht sie nicht zu lesen oder einfach nur zur Kenntnis zu nehmen. Im Nachruf für Dr. Johannes Baar aber liegt viel unserer eigenen (Ausbildungs-) Geschichte. Mit ihm endet eine Ära besonderer Menschlichkeit im Umgang mit Formalia, Behördenbürokratie und autoritärem Gehabe. Er war lange im Hamburger Schulwesen und sehr lange in der Verantwortung/Schulaufsicht für Gymnasien tätig. Und doch hat er immer wieder Zeit gefunden, die Sache des Russischunterrichts voranzubringen. Natürlich kam ihm dabei sein unglaubliches Wissen und Verhandlungsgeschick zugute.
Zusammen mit Kai Sieveking war er fast eine Ewigkeit im Vorstand des Deutschen Russischlehrerverbandes und beide kämpften mit Ausdauer und großem Geschick für die Aufnahme des Russischen in den Sprachenkatalog, bundesweit. Johannes Baar war immer klar, dass nur durch großen, individuellen Einsatz in den Schulen Russisch vorangebracht werden konnte. Seine Generation hatte sich die russische Sprache fast nur im Selbststudium beigebracht und später an Schulen lediglich in Arbeitsgemeinschaften unterrichten können. Es ist für Hamburg vor allem auch Dr. Baar zu verdanken, dass Anfang der 70er Jahre das Russische als normale zweite (und dritte) Fremdsprache erlernt werden konnte. Die politische Lage (neue Ostpolitik Willy Brandts, 68er „Revolution“) kam dieser Entwicklung entgegen. Plötzlich gab es auch an einigen Unis, vor allem auch in Hamburg, die Möglichkeit, Russisch für das Lehramt zu studieren.
Die meisten der damals ausgebildeten Studenten (meine Generation) werden Dr. Baar aus den Prüfungen zum Staatsexamen erinnern. Er hat auch in den Prüfungen gerne andere als die zur Prüfung gehörenden Inhalte angesprochen und dabei die Prüflinge motiviert. Wir (alten) Hamburger Russischlehrer verdanken Dr. Baar viel. Seine „Devise“ war immer: Neben dem Unterricht gibt es gerade im Fach Russisch eine Menge zusätzlicher Lerninhalte (der Aspekt Krieg gegen Russland, der Mensch in seinen Traditionen und Einstellungen etc.). Über die Wissensvermittlung hinaus sollte den Russischlehrern die Nähe zu den russischen Menschen am Herzen liegen.
Ich bin mir sicher, dass er das erreicht hat und die meisten von uns ihm „gefolgt“ sind.
Er selbst hat nie aufgegeben, den Kontakt zur Sowjetunion, nach Russland, zu intensivieren, nicht zuletzt durch seinen nimmer müde werdenden Einsatz für das Timmendorfer Sprachseminar. Dass dieses noch so lange nach seinem Rückzug aus der Organisation bestehen würde, war für ihn die größte Genugtuung.
Im Bewusstsein seiner Leistungen nehmen wir von ihm für immer Abschied.
Heiko Hedrich